Vom Sinn des Lebens 2 - Kastalien-Online

Kastalien Online

Direkt zum Seiteninhalt

Vom Sinn des Lebens 2

Wieso, weshalb, warum?

Ein Bekannter meines Bruders wurde jüngst für die Mitarbeiterzeitung seiner Firma gefragt: "Was ist für sie wichtig im Leben"?

Er schrieb:

"Die Suche nach der Antwort: „Wo kommen wir her und wo gehen wir hin"? Wenn wir diese Frage beantworten können, wissen wir, wie wir uns
dazwischen bewegen müssen. Die Menschheit gibt es seit tausenden von Jahren und weiß bis heute nicht wozu. Das ist erschütternd. Mein ganzes Leben ist
geprägt von der Frage nach dem Sinn des Lebens und ich bin sehr dankbar, dass sich für mich die Wahrheit „Suchet und ihr werdet finden“ stets erfüllt hat."

Sowohl die Frage, als auch die Antwort haben uns beschäftigt und wir möchten den Gedanken aufgreifen, um hierzu unseren Standpunkt darzulegen.




Das fragende Tier

Ein Kind fragt:"Warum regnet es?" Es staunt, dass da Wasser vom Himmel fällt - wie kann so etwas sein? Vorhin schien noch die wärmende Sonne aber plötzlich ist der Spaß vorbei und dunkle Wolken schieben sich vor das wärmende Licht. Es schüttet. Mensch und Tier suchen Schutz.

Es gibt verschiedene Antworten auf die Frage des Kindes.

Väter antworten oft so: "Die Sonne lässt das Wasser aus den Meeren und Seen verdampfen. Wir sehen den Dampf als Wolken am Himmel. Wenn die Wolken über das Land ziehen, wo es kühler ist, oder wenn sie in den Bergen höher in kältere Lüfte aufsteigen müssen, entstehen kleine Tröpfchen - das nennt man Kondensation- die ständig größer werden, bis sie schwer genug sind, um als Regen zur Erde zu fallen." So spricht die Wissenschaft und so gefällt es dem Verstand.

Mütter antworten oft so: "Es regnet, damit die Pflanzen, Tiere und Menschen auf der Welt Wasser bekommen. Die Lebewesen haben Durst und ohne Wasser müssten sie sterben. Mutter Natur schenkt uns das Wasser, das wir brauchen und wir selbst sind mit allen anderen Lebenwesen Teil eines harmonischen Kreislaufs von Geben und Nehmen. Alles hat seinen Sinn und ist wohl eingerichtet . So fühlt das Herz und so meint man, dass die Welt gut bereitet ist. 1. Mose 1:31

Der Mensch ist das fragende Tier. Soweit wir wissen, stellen die anderen Tiere keine Fragen nach dem morgen oder gestern und sie fragen sich wahrscheinlich nicht, warum und wozu sie geboren wurden und ob es einen Plan hinter all dem gibt.  Woher rührt dieser Unterschied zwischen Mensch und anderen Tieren?

Der Mensch ist nicht nur das fragende, sondern auch das planende Wesen. Nur er unterteilt die Zeit in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Nur er weiß, dass sein Leben ein Ende haben wird und die Vorstellung einer vollständigen Vernichtung seines Selbst entgegenzuleben ist ein furchteinflößender Gedanke. Das ist das Eine. Das Andere ist, dass der Mensch ein Ziel in der Zukunft vor Augen hat, wenn er etwas plant und den Plan verwirklicht. Vielleicht hat ein Vorfahr so gedacht oder empfunden: "Meine Kinder haben Hunger. Ich will auf die Jagd gehen oder Essbares sammeln, damit meine Kinder nicht mehr Hungern müssen." Für unseren Vorfahren hatte sein Handeln einen Sinn bekommen weil er damit ein Ziel verfolgt, nämlich, dass seine Kinder nicht mehr leiden sollen. Der Mensch emfindet Vorgänge als sinnvoll, wenn sie einen Weg verfolgen der zu einem Ziel führt.

Wie bereits in Vom Erwachen erzählt, erdenkt sich der Mensch den Kosmos anhand seines Erlebens. Wenn seine Kinder schlecht gehandelt haben, werden sie bestraft. Wenn ein Blitz sein Haus in Brand steckt, muss dies eine Strafe eines noch mächtigeren Vaters sein.

Ich bin hier geboren und lebe mein Dasein auf Erden. Ich weiß nicht, wo ich war, als ich noch nicht geboren wurde und wohin ich gehe, wenn ich sterbe wie all die anderen Tiere. Wie kann das Woher und Wohin aussehen? Ich selbst vollbringe nichts Sinnloses. Ich bewässere das Feld, damit die Früchte gedeihen. Ich arbeite für meinen Herren, damit es meine Kinder dereinst besser ergehen mag als mir. Wenn ich sterbe, soll mein Leben einen Sinn gehabt haben. Mein Leben soll einem Ziel gewidmet sein, auf dass es nicht vergebens war. Was hat der Vater im Himmel für mich geplant? Was ist der Sinn meines Lebens und meines Todes?

Im Mittelpunkt des Seins

Wir glauben nicht mehr an einen Weltgeist, der einem Vater ähnlich dem Universum einen Sinn verleiht-. Nur der Mensch stellt sich die Frage nach einem Sinn des Daseins und unterstellt damit, dass es eine Antwort geben müsse. Aus unserer Persepektive ist schon die Frage nach dem Sinn irreführend, weil sie voraussetzt, dass es einen Sinn gibt. Die erste Frage sollte lauten:"Gibt es Sinn außerhalb der menschlichen Vorstellung"? Hat der Mensch den Begriff "Sinn" entdeckt oder erdacht? Wenn es keine Menschheit gäbe, die nach einem Sinn fragt, gäbe es ihn dann trotzdem?

Wir haben erzählt, dass etwas Sinn macht, wenn dem Handeln ein Ziel, eine Absicht oder ein Plan zugrunde liegen. Können wir ein Ziel oder eine planende Absicht im Kosmos erkennen, die auf einen Sinnstifter deuten? Wir glauben nicht. Unser Universum sieht exakt so aus, wie ein zufällig entstandenes Universum nach unserem Kenntnisstand aussieht. (Darüber werden wir uns später genauer außern).

Dies bedeutet aber mitnichten, dass das Leben keinen Sinn hat - im Gegenteil!

Zwar gibt es nach unserer Einschätzung keinen äußeren, universalen Sinn, der uns von außen leiten soll, aber es kann für jeden einen inneren Sinn geben, den wir Menschen uns ungestraft selbst geben dürfen. Wir dürfen uns Ziele setzen und deren Verfolgen gibt unserem Leben einen Sinn. Wenn wir am Ende auf dem Sterbebett in uns hinein horchen und uns fragen:"Hatte mein Leben einen Sinn? Hat mein Tod einen Sinn?", dann werden wir um so lcichter "Ja" sagen können, wenn wir Ziele hatten und diese erreicht haben. Für den Einen mag dies der Aufbau einer glücklichen Familie sein, für den Anderen Reichtum und für einen Dritten das Erreichen vollkommener Wunschlosigkeit. Dies allein bestimmen zu dürfen, nimmt eine große Last von unseren Schultern.

Versinkt die Menschheit ohne äußeren Sinnstifter im Chaos eines unverantwortlichen Egoismus? Interessanterweise nicht. Obwohl in der Ersten Welt die Zahl derer, die an übersinnliche Sinnstifter glauben beständig abnimmt, gibt es keinen Rückgang an der Zahl derer, die bereit sind, sich für humanitäre Projekte aufzuopfern. Selbstloses Verhalten hat sich in der Evolution als wirksames Werkzeug erwiesen. Auch dies wollen wir an anderer Stelle ausführlich betrachten.

Was bleibt? Der Mensch überträgt sein Weltbild sehnsüchtig auf den Wunsch zu einer übergeordneten Struktur, die seinem Leben einen von ihm unabhängigen Sinn gibt. Dass es dafür keine Indizien gibt, schmälert nicht die einigende Kraft, die der Verfolgung von Zielen zugrunde liegt. Es ist unwichtig, ob universeller oder individueller Sinn dem Leben eine Richtung gibt. Wichtig für einen sanften Abschied ist, ob wir angesichts der begrenzten Lebenszeit weite Teile unseres Plans umsetzen konnten.



Zurück zum Seiteninhalt