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Vom Selbstbildnis des Menschen

Kaum, dass er sich erkannte, hat der Mensch sich selbst zum "Homo sapiens", dem weisen Menschen und  sogar neuerdings zum "Homo sapiens sapiens" ernannt,  gleich nachdem er sich aufgemacht hat, seine Welt zu erorbern um sie sich nach seinem Bilde zu erschaffen. Mit Stolz verweist er darauf, dass er als einziges Lebewesen der Erde, seiner selbst bewusst sei, weil er sich selbst zum Objekt seiner Gedanken machen kann. Der Mensch empfindet sich seit je her als Zentrum der Welt, unbeschadet dessen, dass er sein Dasein auf einem Felsen fristet, der auf seiner Bahn um eine durchschnittliche Sonne, am Rande einer durchschnittlichen Galaxie, halbwegs zwischen  Entstehen und Vergehen der Welt, fährt.

Einfall wird mit Weisheit, Weisheit mit Vernunft, mit Verstand und einem "gefühlten" Gleichgewicht zwischen kalter Logik und wärmenden Emotionen,  oft auch mir "gesundem Menschenverstand", gleichgesetzt.

Dem Zustandekommen des gesunden Menschenverstands werden dabei magische Eigenschaften zugeschrieben. Er entspringt scheinbar einer Kraft, die außerhalb des Menschen liegt, die ihm die Macht der Natur als Geschenk mit auf den Weg gegeben hat, falls er einmal mit seiner Weisheit am Ende ist. So gern der Mensch stolz auf sein Bewusstsein ist, um so lieber verweist er auf seinen gesunden Menschenverstand, der im Unterbewusstsein als stiller Ratgeber auf sein Stichwort wartet.

Dass die Naturwissenschaften ihn dabei schon öfter des Irrtums überführt haben, ficht das Menschenkind nicht an. Und das, obwohl ihm, der Krone der Schöpfung, sein Haus im Zentrum des Sonnensytems, die Einzigartigkeit seines Bewusstseins, nach und nach  entrissen wurden, so muss sich doch der Mensch selbst immer wieder erhöhen, vielleicht um nicht seinen Lebenssinn und damit sein seelisches Gleichgewicht zu verlieren.

Dem Schicksal der Selbstüberhöhung kann leider niemand entkommen. Selbst die  Zweifler fühlen sich in ihrem Zweifeln überlegen. Auch ich, der ich  dieses schreibe, fühle mich autorisiert über das Sein und die Welt zu urteilen, obwohl ich weiß, das ich nichts weiß, um Cicero und mit ihm Sokrates zu zitieren. Oder wie es Demokrit ausdrückte:"Es  gibt Atome und es gibt den Raum, alles andere ist Meinung".

Das ist für den einzelnen Menschen schwer hinzunehmen. Besonders, da er als ewiges Kind in die Konsequenz dieser Erkenntnis geworfen wurde. Wie sicher fühlt er sich  oft in seiner Überzeugung! Und wenn es keinen sicheren Hafen inmitten  des Sturms der Meinungen gibt, woran soll man dann seinen Verstand festmachen? Wie soll er argumentieren und den Weg in  eine bessere Zukunft weisen?

Solche Fragen stellt sich der Mensch im Allgemeinen nicht. Mit Furor verteidigt er seinen Standpunkt und es sind Kriege darüber ausgebrochen, da es ihm als nahezu unmöglich erscheint, seinen eigenen Standpunkt als beliebig zu erkennen.

Entlarvend ist auch der Sinnspruch "Das Hemd ist näher als der Rock",  der schon in einem römischen Theaterstück als "Tunica propior pallio  est" zitiert wird, woran man erkennen kann, wie sehr sich der Mensch in diesem Gedanken erkennt.

Wir wollen des Weiteren versuchen dem Selbstbewusstsein des Menschen ein wenig Demut einzuhauchen.
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